Das Berliner Ladenöffnungsgesetz lässt, wie die Ladenöffnungs-/Ladenschlussgesetze der übrigen Bundesländer, den Verkauf von Waren an Sonn- und Feiertagen nur unter engen Voraussetzungen zu. So dürfen nach § 4 BerlLadÖffG an Sonn- und Feiertagen öffnen
Der Berliner Gesetzgeber hat in § 2 Abs. 3 den Begriff des Reisebedarfs definiert, unter den nach dem Gesetzeswortlaut etwa auch Spielzeug geringen Wertes und Andenken fallen. Den Begriff des Andenkens hat der Gesetzgeber jedoch nicht definiert.
Ein Unternehmen mit mehreren Verkaufsstellen in Berlin vertreibt Produkte, auf denen bekannte Motive deutscher Städte abgedruckt sind, darüber hinaus aber auch Taschen, Pillendosen, Tassen, Küchenreiben oder ähnliche Haushaltsgegenstände, die durch ihre besonderen Formen und die besonderen Farbstellungen auffallen, die von Kunden weniger wegen ihrer Funktion sondern im Hinblick auf ihr auffälliges Design gekauft werden.
Nachdem über Jahre hinweg gegen das Öffnen eines dieser Ladengeschäfte am Sonntag keinerlei behördliche Einwendungen erhoben waren, leitete die Behörde bei einer Kontrolle im Februar 2015 zunächst ein Ordnungswidrigkeitenverfahren ein, um dieses kurze Zeit später wieder einzustellen, nachdem man behördenintern zum Ergebnis gekommen war, dass kein Verstoß gegen das Berliner Ladenöffnungsgesetz vorliegt. Im Sommer 2015 erfolgte eine weitere Kontrolle, bei der wiederum ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet wurde. Das Verfahren wurde vom Amtsgericht Berlin eingestellt. Das Unternehmen begehrte nunmehr eine verbindliche Entscheidung der Behörde, ob es sein Geschäft an Sonntagen öffnen darf. Nachdem die Behörde eine entsprechende Bescheidung ablehnte, wurde Klage beim Verwaltungsgericht erhoben, über die inzwischen das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg – OVG 1 B 17.17 – entschieden hat.
Das Oberverwaltungsgericht hatte sich zunächst mit der Frage auseinanderzusetzen, was unter „Andenken“ im Sinne des Gesetzes zu verstehen ist – dies, nachdem der Gesetzgeber es offenbar verabsäumt hatte, eine Legaldefinition vorzunehmen. Während das Unternehmen der Auffassung war, dass subjektiv an diesen Begriff anzuknüpfen sei und Andenken jeder Gegenstand ist, der aufgrund seiner besonderen Formgebung oder Farbgestaltung die Erinnerung an einen Berlinbesuch wecken kann, ist das Oberverwaltungsgericht der Auffassung, dass nach der Systematik der Norm und der Entstehungsgeschichte des § 4 Abs. 1 Nr. 1 nur das Reisesouvenir gemeint sein könne, welches einen erkennbar objektiven Bezug zum Reiseland Deutschland aufweise. Nach der Systematik in § 4 Abs. 1 Nr. 1 solle mit dem Vertrieb von Andenken nur die typische Nachfrage von Touristen befriedigt werden können. Die Nachfrage von Touristen ziele indessen nur auf Ware mit objektiv erkennbarem Bezug zum Reiseland Deutschland ab. Maßgeblich sei also ein „deutschlandtypisches Gepräge“, wie es auch in den Gesetzesmaterialien genannt wird. Deutschlandtypisches Gepräge haben alle Andenken aus allen Gebieten Deutschlands. In den Gesetzesmaterialien werden dazu beispielhaft „Erzgebirgische Holzschnitzereien, Schwarzwälder Kuckucksuhren, Thüringer Strohsterne, bayerische Bierbembel, Mitbringsel mit Berliner Bären-Aufdruck, Miniaturen von Sehenswürdigkeiten aus Deutschland und Ähnliches“ genannt. Ob ein ausländischer Tourist beim Anblick von Holzschnitzereien Rückschlüsse auf das Erzgebirge oder bei Strohsternen auf deren Thüringer Herkunft ziehen kann, mag dahingestellt sein. Das Argument, dass ein beliebiger Gegenstand aufgrund seiner besonderen Form oder seiner besonderen Farbgestaltung dauerhaft einen Bezug zu einem Aufenthalt in Berlin assoziieren kann, ließ das Gericht nicht gelten.
Das Gericht hatte sich weiter mit der Frage auseinanderzusetzen, ob in einem solchen Geschäft nur Andenken mit einem deutschlandtypischen Gepräge angeboten werden dürfen oder ob es darauf ankommt, welches Warenangebot prägend für die Verkaufsstelle ist. Hier ist das Oberverwaltungsgericht der Auffassung, es dürfen nur ausschließlich Waren, die im Katalog des § 4 Abs. 1 Nr. 1 BerlLadÖffG genannt sind, angeboten werden.
Schließlich hatte sich das Gericht mit der Frage auseinanderzusetzen, inwieweit § 4 Abs. 1 Nr. 1 BerlLadÖffG, insbesondere unter Berücksichtigung der Regelungen in § 5 Ziffer 2 und 3 mit Artikel 3 Abs. 1 GG vereinbar ist. Das Unternehmen argumentierte dahingehend, der Bedarf eines Touristen, der eine Verkaufsstelle im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 BerlLadÖffG ansteuere, sei derselbe, wie der Bedarf desjenigen Touristen, der an einer Tankstelle, einem Personenbahnhof oder gar einem Flughafen einkauft. Es sei nicht einsehbar, dass seine Waren, die auch unter den Begriff des Reisebedarfes, nämlich des Spielzeugs geringen Wertes oder des Geschenkartikels subsumiert werden können, nicht angeboten werden dürfen.
Das Oberverwaltungsgericht sieht jedoch keine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes und führt hierzu aus, dass Artikel 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung verbietet. Differenzierungen seien durch Sachkunde zu rechtfertigen, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sein müssten. Vorliegend könne es bei der Prüfung einer Verletzung des Gleichheitssatzes nur um die Frage gehen, inwieweit der Gesetzgeber das Willkürverbot missachtet habe. Das Verbot der Sonntagsöffnung greife nicht allein in die Rechte des Unternehmens ein. Hieran hätten sich vielmehr grundsätzlich alle Gewerbetreibenden zu halten. Das Verbot der Sonntagsöffnung trage verfassungsrechtlichen Vorgaben Rechnung. Das verfassungsrechtliche Gebot der Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen gebiete es, Ausnahmen eng zu fassen. Die Ausnahmen nach § 5 BerlLadÖffG verfolgten einen anderen Zweck als die Ausnahmen des § 4 Abs. 1 Nr. 1. Im Bereich des § 5 gehe es um die Deckung von Reisebedarf, also um Waren, die Reisende unmittelbar für die Reise als solche, also für auf dem Weg benötigen, während es sich in § 4 Abs. 1 Nr. 1 um den Bedarf von Touristen handele, die sich an einem fremden Ort zu Besuchszwecken aufhielten, also gerade nicht „auf dem Weg“ sind. Deshalb bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung. Ein Verstoß gegen das Willkürverbot sei nicht erkennbar.
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