Das Landgericht Münster hatte sich in seiner Entscheidung vom 22.04.2015 - 021 O 80/13 SH - mit der Frage auseinander zu setzen, ob Dolmetscherkosten wegen unrichtiger Sachbehandlung im Sinne des § 21 GKG gegebenenfalls nicht zu erheben sind.
Der Richter, der hierüber zu entscheiden hatte, hatte in einem Verfahren, an dem eine Gesellschaft mit Sitz in Frankreich beteiligt war, zunächst zu einem Gütetermin geladen, zu dem er das persön¬liche Erscheinen des Geschäftsführers der französischen Gesellschaft angeordnet hatte. Einen Dolmetscher zu dem Gütetermin hatte er nicht geladen, obwohl der Geschäftsführer einen französisch klingenden Vor- und Zunamen trägt und in Frankreich ansässig ist. Die Ladung des Dolmetschers erfolgte erst, nachdem er durch den diese Gesellschaft vertretenden Anwalt aus¬drücklich darauf hinge¬wiesen worden war, dass der Geschäftsführer der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig ist und ein Dolmetscher benötigt wird.
Im weiteren Verlauf des Verfahrens wurde eine Zeugenvernehmung eines französischen Staats-bürgers erforderlich, der ebenfalls einen französisch klingenden Vor- und Zunamen trägt und in Frankreich wohnhaft ist. Für diesen Zeugen wurde eine Zeugengebührenverzichtserklärung in deutscher Sprache, von dem Zeugen unterzeichnet, vorgelegt. Zur Notwendigkeit der Beiziehung eines Dolmetschers erfolgte keine Erklärung. Zu dem Termin wurde ohne vorherige Ankündigung durch das Gericht an die Verfahrensbeteiligten ein Dolmetscher geladen, wobei ein Dolmetscher für die russische Sprache aus Gründen, die nicht nachvollziehbar aufgeklärt werden konnten, erschienen ist. Der Dolmetscher rechnete 184,21 € gegenüber der Gerichtskasse ab, die im Rahmen der Gerichtskostenrechnung an den Schuldner des Verfahrens weitergegeben wurden. Hiergegen wurde Erinnerung eingelegt.
Der Richter konnte keine unrichtige Sachbehandlung erkennen. Eine solche im Sinne des § 21 GKG liege nur vor, wenn das Gericht gegen eindeutige gesetzliche Normen verstoßen habe und dieser Verstoß offen zu Tage getreten sei, ebenso wenig, wenn kein offensichtliches Versehen vorliege. Ein solcher eindeutiger Verstoß oder ein offensichtliches Versehen sei nicht ersichtlich.
Das Gericht war der Auffassung, allein aufgrund des Namens des Zeugen und der mitgeteilten französischen Anschrift habe es davon ausgehen können, dass ein Dolmetscher für die französische Sprache benötigt würde. Das Gericht sei aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten gehalten, dafür Sorge zu tragen, dass der Zeuge dem Lauf der Verhandlung folgen könne und sich unmissverständlich äußern könne. Aus dem Umstand, dass der Zeuge eine Zeugengebühren¬verzichtserklärung in deutscher Sprache abgegeben habe, habe der Richter nicht schlussfolgern müssen, dass der Zeuge insoweit der deutschen Sprache hinreichend mächtig sei. Daraus sei auch keine Notwendigkeit abzuleiten, insoweit vorher die Notwendigkeit der Beiziehung eines Dolmetschers aufzuklären. Das Gericht sieht sich in seiner Auffassung durch Entscheidungen des OLG Stuttgart - 8 WF 33/00 - und des OLG Düsseldorf - NJW-RR 1998, 1694 - bestätigt.
Der anderen Auffassung des Landesarbeitsgerichtes Hamm - MDR 1986, 172 -, die im Übrigen auch vom OLG Köln - 17 W 514/83 - geteilt wird, schließt er sich in seiner Entscheidung ausdrücklich nicht an und begründet dies damit, dass in einem Verfahren, in dem eine anwaltliche Vertretung vorgeschrieben sei, es zu den Obliegenheiten des Anwaltes gehöre, das Gericht auf die Entbehr¬lichkeit eines Dolmetschers hinzuweisen.
Mit seinem eigenen Verhalten im Zuge der Ladung des Geschäftsführers der französischen Partei setzt er sich gar nicht erst auseinander. Offenbar scheint es keine Rolle zu spielen, dass der Richter durch sein früheres Verhalten im selben Verfahren zumindest nach außen den Anschein erweckt hat, er lade einen Dolmetscher nur, wenn ihm dies von einer Partei auch mitgeteilt wird.
Auch einen Verweis auf eine rechtliche Vorschrift, aus der sich die Obliegenheit eines Rechts-anwaltes oder der rechtssuchenden Partei selbst ergibt, auf die Entbehrlichkeit eines Dolmetschers hinzuweisen, sucht man in der Entscheidung vergebens.
Es bleibt anzumerken, dass sich auch die Dienstaufsicht in dieser Angelegenheit zu einem Tätigwerden außer Stande sah, da die hier in Rede stehende Entscheidung, die Dolmetscherkosten zu erheben oder gerade nicht zu erheben vom verfassungsrechtlich verbürgten Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit umfasst erscheint.
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