Im ersten Quartal 2014 war es wieder zu beobachten: Gemeinden und Landesämter für Straßenwesen ließen entlang von Straßen, Autobahnen und Wegen im großen Umfange Äste kappen und ganze Bäume fällen. Der erstaunte Bürger, der die Kastanie in seinem Vorgarten nicht ohne Genehmigung fällen darf, rieb sich die Augen. Bei Rückfragen wurde er damit abgespeist, es ginge hier um die Einhaltung und Gewährleistung der Verkehrssicherung, die es erforderlich mache, diese Abholzungen vorzunehmen. Die Verantwortlichen haben es sich vor dem Hintergrund der Rechtsprechung zahlreicher Obergerichte im Spannungsfeld von Natur und Verkehrssicherung zum Credo gemacht, auch den letzten Baum zu fällen.
Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung zahlreicher Obergerichte haben zahlreiche private Waldbesitzer ihre Wälder für Spaziergänger und Wanderer geschlossen, da sie eine Inanspruchnahme fürchten, wenn dem Wanderer oder Spaziergänger aufgrund natürlicher Einflüsse ein Ast auf den Kopf fällt.
Die ursprüngliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wonach sich die Straßenverkehrssicherungspflicht auch auf den Schutz vor Gefahren durch Bäume erstreckt, war von diesen Obergerichten immer weiter ausgeweitet worden. Nicht nur Bäume oder Teile von Bäumen, die den Verkehr konkret gefährdeten, weil sie nicht mehr standsicher oder erkrankt waren, mussten entfernt werden, sondern auch gesunde Bäume, die als besonders anfällig für Astbruch gelten.
Es geriet offenbar völlig in Vergessenheit, dass es in der Natur der Sache begründete Risiken gibt, die als unvermeidlich hinzunehmen sind und auf die sich jeder einzustellen hat. So wurde auch völlig gesunden Bäumen durch einige Oberlandesgerichte der Kampf angesagt. Besonders übel wurde dabei der Pappel mitgespielt, die z. B. vom OLG Saarbrücken (4 U 482/09 – 140) als „Gefahrenbaum“ eingestuft wurde, die im Bereich von Parkplätzen grundsätzlich zu entfernen sei. Auch Weiden (OLG Düsseldorf), Kastanien (OLG Hamm und OLG Koblenz) und Götterbäumen (OLG Karlsruhe) ging es nicht besser. Mit der Entscheidung des BGH vom 06.03.2014 (III ZR 352/13) wurde nunmehr klargestellt, „dass ein natürlicher Astbruch, für den vorher keine besonderen Anzeichen bestanden haben, (…) auch bei hierfür anfälligeren Baumarten grundsätzlich zu den naturgebundenen und daher hinzunehmenden Lebensrisiken gehört“. Erfreulicherweise wurde herausgearbeitet, dass es eine absolute Si-cherheit nicht gibt und dass im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht gerade nicht verlangt werden kann, gesunde Bäume, nur weil sie an Straßen und Parkplätzen belegen sind, kom-plett zu beseitigen oder diese durch einen radikalen Rückschnitt zu gefährden. Da natürli-cher Astabbruch die Verwirklichung eines allgemeinen Lebensrisikos sei, bedürfe es auch keiner anderen Maßnahme, wie z. B. der Absperrung des Luftraumes unter Pappeln oder der Aufstellung von Warnschildern.
Die Entscheidung gibt Anlass zu der Hoffnung, dass künftig unserer Natur weniger Gewalt mit dem Hinweis auf eine vermeintliche Verkehrssicherungspflicht angetan wird.
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