Alle Jahre wieder mit Ablauf der 1. Jahreshälfte kommt es vermehrt zu arbeitgeberseitigen Kündigungen. Diese Kündigungen überschneiden sich oft mit dem Urlaub des Arbeitnehmers in der Ferienzeit, wobei immer noch der weit verbreitete Irrglauben besteht, dass im Urlaub und in der Arbeitsunfähigkeit keine beiderseitigen Kündigungen ausgesprochen werden können. Dem ist nicht so.
Alleine die urlaubsbedingte Abwesenheit des Arbeitnehmers schützt ihn somit vor den Folgen der Kündigung nicht. Das KSchG kann dem Arbeitnehmer weiterhelfen, wenn er innerhalb der Dreiwochenfrist des § 4 Satz 1 KSchG, gerechnet ab Zugang des Kündigungsschreibens, alle Unwirksamkeitsgründe der Kündigung (mit Ausnahme der Schriftform) mit einer Klage geltend macht.
Der Zugang der Kündigung richtet sich nach § 130 Abs. 1 BGB. Sie geht dem Arbeitnehmer dann zu, wenn sie so in den Machtbereich gelangt, dass die Möglichkeit der Kenntnisnahme besteht. Das ist der Fall, wenn sie in seinen Hausbriefkasten eingeworfen wird, auch wenn der Arbeitnehmer sich in Urlaub befindet. Selbst die Kenntnis des Arbeitgebers von diesen Umständen ist für die Wirksamkeit des Zugangs ohne Belang, außer die Urlaubsadresse wäre dem Arbeitgeber bekannt.
Findet der Arbeitnehmer das Kündigungsschreiben nach seiner Rückkehr erst später als 21 Tagen nach Einwurf in seinem Briefkasten vor, muss er unverzüglich einen Anwalt aufsuchen, der die Zugangsprobleme prüft und gegebenenfalls Antrag auf nachträgliche Klagezulassung zusammen mit der Kündigungsschutzklage bei Gericht anhängig macht. Der Antrag ist nur innerhalb von 2 Wochen nach Behebung des Zugangshindernisses, d.h. ab Rückkehr aus dem Urlaub und Kenntnisnahme der Kündigung, zulässig. Wenn der Arbeitnehmer noch innerhalb der Dreiwochenfrist des §§ 4 Satz 1 KSchG aus dem Urlaub zurückkehrt und die Restfrist nur noch einige Tage läuft ist auch bei einer Klageeinreichung wenige Tage nach Ablauf der Dreiwochenfrist eine nachträgliche Klagezulassung in Betracht zu ziehen, da die Frist nur durch die urlaubsbedingter Abwesenheit schuldlos versäumt wurde.
Ein praxisnahes Problem ist der Umstand, dass sich zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung auf Seiten des Arbeitgebers oft auch der Zeichnungsberechtigte in Urlaub befindet. In vielen Fällen wird deshalb in Zeiten moderner Kommunikationsmittel auf farbig eingescannte Unterschriften auf dem Kündigungsdokument zurückgegriffen. Mit bloßem Auge ist es nahezu nicht möglich, die Echtheit einer Unterschrift von dieser eingedruckten eingescannten Kopie der Unterschrift zu unterscheiden. Die Echtheit der Unterschrift muss im Klageverfahren bei entsprechenden Anhaltspunkten immer gerügt werden.
Das Ergebnis ist wesentlich, da ein Kündigungsschreiben, welches keine handschriftliche im Original unterzeichnete Unterschrift trägt, gemäß § 623 BGB in Verbindung mit § 125 BGB mangels Schriftform nichtig ist. Eine gedruckte oder kopierte Unterschrift genügt somit gerade nicht. Zudem ist die Frist des §§ 4 Satz 1 KSchG mangels existenter Kündigung dann nicht einschlägig.
Hilfsweise bedient sich der Arbeitgeber in Abwesenheit gegebenenfalls eines Vertreters, dessen Vertretungsmacht ebenso unverzüglich zu überprüfen ist, da im Falle des Ausspruchs einer Kündigung durch einen Vertreter ohne eine solche Vertretungsmacht die Klagefrist des § 4 KSchG erst mit dem Zugang der Genehmigung des Arbeitgebers beim Arbeitnehmer zu laufen beginnt.
Bei unverzüglicher Vorlage der schriftlichen Kündigung kann deshalb der Anwalt die Rüge nach § 174 BGB erheben. Die Kündigung kann als einseitiges Rechtsgeschäft demnach zurückgewiesen werden, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Für die Unverzüglichkeit werden von der Rechtsprechung üblicherweise Fristen zwischen 3 und 10 Tagen angenommen. Eine solche Zurückweisung ist etwa möglich, wenn eine andere Person als der Geschäftsführer oder Prokurist die Kündigung unterzeichnet hat. Häufig erfolgen Kündigungen durch Mitarbeiter mit dem Unterschriftenzusatz i.V. oder i.A. In diesen Fällen ist meist keine Originalvollmacht der Kündigung beigefügt. Soweit der gekündigte Arbeitnehmer nicht vorab von der Bevollmächtigung des Unterzeichners in Kenntnis gesetzt wurde (§ 174 Satz 2 BGB) kann demnach direkt eine Zurückweisung der Kündigung wegen fehlender Vorlage einer Vollmacht (im Original) in Anlehnung an § 174 BGB erfolgen. Dies kann erheblich sein für die Beachtung von Fristen (2 Wochenfrist des § 626 BGB oder dem Ablauf der Probezeit mit Eintritt des Kündigungsschutzes). Die im Nachgang aufgrund der Rüge übersandte Vollmacht heilt die einmal vorgenommene Zurückweisung der Kündigung nicht mehr.
Der Arbeitnehmer muss demnach sofort, nach Kenntnis des Zugangs der Kündigung tätig werden und am besten unverzüglich einen Anwalt aufsuchen. Das Arbeitsrecht bietet die Möglichkeiten, vermeintliche Rechtsnachteile einer Kündigung durch urlaubsbedingte Abwesenheit des Arbeitnehmers auszugleichen. Bei Abwesenheit auf Seiten des Arbeitgebers ergeben sich daraus ggf. weitere Fehlerquellen und weitere Angriffsmöglichkeiten gegen die Kündigung.
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